Giovanni Battista Pergolesi (1710 – 1736) und sein „Stabat mater“
Etwa 1734 erhielt G. B. Pergolesi einen Kompositionsauftrag von der adeligen Bruderschaft der „Cavalieri della Vergine dei Dolori“ in Neapel. Für ihre Andachten in der Fastenzeit wünschte sie sich ein neues „Stabat mater“, das einerseits Alessandro Scarlattis hochbarockes „Stabat mater“ ablösen, andrerseits aber die gleiche Besetzung haben sollte: Zwei Gesangssolisten (Sopran, Alt), zwei Violinen, Viola und Basso continuo.
Während Scarlattis Vertonung in Vergessenheit geriet, war wenige Jahre nach der ersten Aufführung Pergolesis „Stabat mater“ überall bekannt. Es wurde vielfach abgeschrieben, gedruckt und bearbeitet und zählt bis heute zu den am häufigsten aufgeführten Werken geistlicher Musik.
Pergolesi starb mit 26 Jahren, wahrscheinlich an Tuberkulose. Sein „Stabat mater“ gilt als sein letztes Werk, das er vollendet hat.
In den fünf Jahren, die ihm zwischen Abschluss seiner Studienzeit am Conservatorio dei Poveri di Gesù Christo in Neapel und seinem frühen Tod blieben, erwarb er sich als Komponist von Opern und Sakralmusik Ansehen und Beliebtheit. Besonders die komischen Opern und die heiteren Intermezzi in den ernsten Opern kamen bei den Neapolitanern gut an, nicht zuletzt deswegen, „weil sich auf musikalischer Ebene Standesgrenzen teilweise verwischten“. Eine dieser Einlagen, „La serva padrona“, steht heute noch auf den Spielplänen des Musiktheaters.
Die italienische Kirchenmusik seiner Zeit und damit auch Pergolesis sakrale Kompositionen neigen dazu, liturgische Texte so zu vertonen, als handle es sich um Opernlibretti geistlichen Inhalts. Pergolesi ist es freilich mit seinem „Stabat mater“ gelungen, in einer sehr ungewöhnlichen Haltung zu einem sehr bekannten Text Oper und intensive Frömmigkeit zu verbinden. Es ist eine sehr andächtige Musik, die dem Ideal einer zu Herzen gehenden Schlichtheit, Natürlichkeit und empfindsamen Sanglichkeit verpflichtet ist. Die über den Tod ihres Sohnes in bittersüßem melodischen Gesang klagende Mutter Gottes verliert ihren mittelalterlichen Charakter des Mysteriums und wird zu einer menschlichen Frau, die in ihren mütterlichen Gefühlen, ihrem Leid für die Mitmenschen erreichbar wird.
Dieses „Stabat Mater“ war „das richtige Werk zur richtigen Zeit“ und konnte „zum Idealtypus religiöser Musik in der aufsteigenden bürgerlichen Musikkultur und zum Inbegriff des neuen, galanten, empfindsamen Stils“ werden. Der früh verstorbene Komponist wurde denn auch fast schwärmerisch verehrt und sogar verklärt als „angelico maestro“.
Keinen Geringeren als Johann Sebastian Bach muss Pergolesis Musik so beeindruckt haben, dass er sie für seine Kantate „Tilge, Höchster meine Sünden“, die ebenfalls im neuen galanten-empfindsamen Stil komponiert ist, verwendete. Als Text wählte er allerdings eine Umdichtung von Psalm 51 und adaptierte Pergolesis Musik so für den evangelischen Gottesdienst.
Selbst wenn Pergolesis „Stabat mater“ Ende des 18. Jahrhunderts und vor allem im 19. Jahrhundert eine neue Fassung mit Gesangssolisten, Orchester und Chor, ja sogar Sinfonieorchester und großem Chor erhielt, behielt es seine Beliebtheit. Unsere Zeit hat wieder zur „kleinen Besetzung“ zurückgefunden, für die es Pergolesi auftragsgemäß geschrieben hat. So können der mittelalterliche Text der Mariensequenz und Pergolesis „Requiem der Mutter Gottes für ihren gekreuzigten Sohn“ umso intensiver gerade auf heutige Menschen wirken.
Wenn das „Stabat Mater“ in der ehemaligen Heilig Kreuzkirche der Franziskanerinnen in der Originalbesetzung unter einem barocken Kreuzigungsgemälde musiziert wird, ist auch die religiöse Bilderwelt aus Pergolesis Lebenszeit gegenwärtig. 1711 hat es der Münchner Hofmaler Andreas Wolff vollendet.
Es musizieren: Heidelinde Schmid (Sopran), Ute Feuerecker (Alt), Herbert Gill und Wolfgang Holler (Violinen), Carla Usberti (Viola), Valentin Lutter (Violoncello), Martin Bader (Cembalo)
Heidelinde Schmid studierte an der Hochschule für Musik und Theater und der August-Everding-Akademie in München bei Professor Josef Loibl Konzert – und Operngesang und Gesangspädagogik.
Als gefragte Solistin entfaltet sie eine rege Konzerttätigkeit im gesamtdeutschen Raum. So tritt sie mit geistlichen Konzerten und Liederabenden, in Opern- und Operettengalas auf. Ihr Opernrepertoire reicht vom Barock über Klassik und Romantik bis zur italienischen Oper Puccinis. Seit 2016 ist die Sopranistin beim Freien Landestheater Bayern engagiert. Zahlreich sind ihre Auftritte bei namhaften internationalen Festspielen und Musikwochen.
Als Gesangspädagogin ist sie u.a. an der Musikschule Essenbach tätig. Im Oktober 2018 wurde sie mit dem Kulturpreis des Landkreises Passau ausgezeichnet.
Die Altistin Ute Feuerecker studierte Opern- und Konzertgesang sowie Gesangspädagogik in Augsburg und München und ist seither als freischaffende Künstlerin tätig.
Als Solistin war sie Gast bei renommierten Festivals, regelmäßig wird sie für Chorprojekte beim Bayerischen Rundfunk und anderen professionellen Vokalensembles engagiert und arbeitet dabei mit namhaften Dirigenten zusammen. Konzertreisen führten sie ins europäische Ausland, nach Asien und Nordamerika. Neben den bekannten Oratorien und Messen beschäftigt sich die Sängerin gerne mit weniger bekannten Werken. So wirkte sie im Rahmen der Münchener Biennale bei Uraufführungen zeitgenössischer Opern mit. Bei Konzerten, CD-Einspielungen und Rundfunkaufnahmen ist Ute Feuerecker sowohl im Ensemble als auch solistisch zu hören.
Der Eintritt ist frei. Spenden sind erbeten.